Bundesinnenminister plant verdachtslose Aufzeichnung des Surfverhaltens im Internet (20.08.2014) |
Datenschützer und Internetnutzer protestieren scharf gegen einen neuen
Gesetzentwurf von Bundesinnenminister de Maizière, der die mit guten
Argumenten gestoppte Vorratsdatenspeicherung nun bezogen auf die
Benutzung des Internet erlauben soll. „Das neuerliche Vorhaben von
Bundesminister de Maizière geht noch über die frühere
Vorratsdatenspeicherung hinaus, weil sogar der Inhalt unserer
Internetnutzung gespeichert werden soll“, warnt Florian Altherr vom
Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. Gegen die verdachtslose
Speicherung aller Verbindungs- und Standortdaten hatten 35.000 Bürger
erfolgreich Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Der neue Vorstoß des Bundesinnenministers ist in dem gestern vorgelegten Entwurf eines „Gesetzes zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme (IT-Sicherheitsgesetz)“[1] versteckt. Jeder Anbieter von Internetdiensten wie Google, Amazon oder Spiegel Online soll danach künftig das Recht erhalten, das Surfverhalten seiner Besucher ohne Anlass aufzuzeichnen – angeblich zum „Erkennen von Störungen“. Tatsächlich würde der Vorstoß zur Änderung des Telemediengesetzes die unbegrenzte und unbefristete Speicherung jeder Eingabe und jedes Mausklicks beim Lesen, Schreiben und Diskutieren im Internet legalisieren. Die Surfprotokolle dürften ohne richterlichen Beschluss an Polizei, Bundeskriminalamt, Geheimdienste sowie an die Unterhaltungsindustrie herausgegeben werden. Eine Beschränkung auf schwere Straftaten ist nicht vorgesehen. Zudem will de Maizière Internet-Zugangsanbieter zwingen, auf Vorrat zu speichern, welcher Teilnehmer wann mit welcher IP-Adresse das Internet genutzt hat. Der Trick: Internetzugangsanbieter sollen ihre Kunden von Hinweisen auf Schadsoftware auf ihrem Rechner benachrichtigen müssen, was eine Speicherung aller IP-Adressen voraussetzt. Bisher lehnen viele Internet-Zugangsanbieter die Vorratsspeicherung von Internet-Verbindungsdaten weiterhin ab.[2] Der neue Gesetzentwurf sieht keine zeitliche Grenze für Speicherung und Benachrichtigungspflicht vor. Gespeicherte Internet-Verbindungsdaten wären für Auskünfte an Polizei, Bundeskriminalamt, Geheimdienste sowie zum Versand von Abmahnungen an die Unterhaltungsindustrie heranziehbar. Eine richterliche Anordnung staatlicher Anfragen nach der Identität von Internetnutzern wäre ebenso nicht vorgeschrieben, eine Beschränkung auf schwere Straftaten ebenfalls nicht. „De Maizière will nun nicht nur wissen, wann wir unter welcher Adresse ins Internet gehen, sondern auch, was wir dort tun. Als nächstes will er wahrscheinlich aufzeichnen lassen, welche Gespräche wir im Café führen oder welche Zeitungsartikel wir lesen. Das ist ungeheuerlich, zumal es in einem ganz anderen Gesetz versteckt wird", ergänzt Altherr „Ich empfinde diese Vorratsdatenspeicherung und Surfprotokollierung durch die Hintertür als eine schallende Ohrfeige für alle, die sich für mehr Daten- und Persönlichkeitsschutz engagieren, zumal der Bundestag 2009 einen vergleichbaren Vorstoß des Amtsvorgängers Schäuble auf unseren Protest hin ausdrücklich abgelehnt hat[3]“, bekräftigt Ute Elisabeth Gabelmann vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. „Die nun geplanten Datenberge wären dem permanenten Risiko von Datenklau, Datenpannen und Datenmissbrauch ausgesetzt, was die Sicherheit unserer Daten bedroht. Herr de Maizière widerspricht mit diesem Gesetzentwurf offen seinem nach den Datenskandalen der letzten Jahre öffentlich verkündeten Ziel, den Schutz der Daten von Bürgern und Internetbenutzern zu verbessern und die gesetzlich verankerte Datensparsamkeit endlich zu fördern.“ Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung fordert Bundesregierung und Bundestag auf, für eine sofortige Streichung der geplanten Huckepack-Änderungen des Telemediengesetzes und des Telekommunikationsgesetzes aus dem Gesetzentwurf zur IT-Sicherheit zu sorgen. Im Einzelnen begründet der Arbeitskreis diese Forderung wie folgt:
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