Länder befürworten Durchleuchtung des Kommunikationsverhaltens der gesamten Bevölkerung (4.6.07) |
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Der Bundesrat soll am Freitag weitere Verschärfungen der von der
Bundesregierung geplanten Telekommunikationserfassung fordern.
Bürgerrechtler betonen dagegen die Bedeutung einer überwachungsfreien
Kommunikation für friedliche Proteste wie gegen den G8-Gipfel.
Nach Plänen von SPD, CDU und CSU soll ab 2008 nachvollziehbar
werden, wer mit wem in den letzten sechs Monaten per Telefon, Handy
oder E-Mail in Verbindung gestanden oder das Internet genutzt hat. Bei
Handy-Telefonaten und SMS soll auch der jeweilige Standort der Benutzer
festgehalten werden. Die Innen- und Rechtspolitiker der Länder wollen
diese Pläne in der Bundesratssitzung am Freitag nicht nur befürworten,
sondern sogar Verschärfungen fordern.
So soll die geplante Aufbewahrungsdauer der Daten verdoppelt werden.
Die Musik- und Filmindustrie soll das Internet-Nutzungsverhalten
durchleuchten dürfen.
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ruft in Erinnerung,
- dass die von SPD, CDU und CSU geplante Totalprotokollierung
großer Teile des Kommunikations-, Bewegungs- und
Internet-Nutzungsverhaltens der gesamten Bevölkerung ein inakzeptabler
Anschlag auf freie Kommunikation, freie Meinungsäußerung,
Berufsgeheimnisse und Pressefreiheit in Deutschland ist,
- dass die Pläne von Bundesregierung und Bundesrat weit über
die EG-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung hinaus gehen, was Ausmaß
und Dauer der Protokollierung sowie die Nutzung der gesammelten Daten
anbelangt, und dass dem Europäischen Gerichtshof bereits eine Nichtigkeitsklage gegen die Richtlinie vorliegt,
- dass das Vorhaben von SPD, CDU und CSU eklatant gegen das
vom Bundesverfassungsgericht ausgesprochene »strikte Verbot der
Sammlung personenbezogener Daten auf Vorrat« verstößt und die Forderung
des Bundesverfassungsgerichts nach einem »konkreten Tatverdacht« als
Voraussetzung jeder Protokollierung des Kommunikationsverhaltens
missachtet.
Ähnlich wie die Razzien bei G8-Gegnern verfolgt die
Vorratsdatenspeicherung das Ziel, soziale Verbindungen, politische
Netzwerke und Kommunikationsstrukturen in bisher nicht gekanntem Ausmaß
transparent und jederzeit durchleuchtbar zu machen. Dies wird dazu
führen, dass Menschen sich aus Angst vor Nachteilen nicht mehr an
demokratischen Prozessen und zivilgesellschaftlicher Meinungsbildung
beteiligen werden. Die zunehmende elektronische Erfassung und
Überwachung der gesamten Bevölkerung gewährleistet keinerlei
verbesserten Schutz vor Kriminalität, verschlingt stattdessen aber
Gelder in Millionenhöhe und gefährdet die Sicherheit etwa von
Regierungskritikern und Presseinformanten. Der Arbeitskreis
Vorratsdatenspeicherung verurteilt diese verfassungsfeindlichen
Bestrebungen von SPD, CDU und CSU und fordert die Aussetzung des
Vorhabens, bis der Europäische Gerichtshof über die anhängige
Nichtigkeitsklage gegen die Vorratsdatenspeicherung entschieden hat.
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