EU-Kommission blockierte Anonymisierungsdienste (27.03.2012) |
Dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) liegen Beweise
dafür vor, dass Seiten der EU-Kommission den Zugriff über
Anonymisierungsdienste blockiert haben. Vor dem Hintergrund der erneuten
Forderung nach einer Einführung der Vorratsdatenspeicherung wirft
dieses Vorgehen Fragen auf. Datenschützer befürchten eine
Diskriminierung der Nutzer von Anonymisierungsdiensten, die sich
insbesondere in Kombination mit einer umgesetzten
Vorratsdatenspeicherung negativ auf die Meinungsfreiheit im Netz
auswirkt. Nach einer Beschwerde von Patrick Breyer wurde die Sperrung
inzwischen wieder aufgehoben. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung
ruft die Kommission zu einer Stellungnahme in dieser Sache auf. Die EU-Kommission sperrte IP-Adressen, die als Teil von Anonymisierungsdiensten bekannt sind, bewusst aus. Statt der gewünschten Internetseite erschien auf dem Bildschirm eine Warnung, die Netzwerkprobleme auf Nutzerseite suggerierte. Nutzer erhielten folgende Fehlermeldung bei Aufruf der Seite der EU-Kommission: "Network Error (gateway_error) Server overloaded. The gateway may be temporarily unavailable, or there could be a network problem. For assistance, contact your network support team." Es wurde somit weder transparent dargestellt, dass die IP-Adresse bewusst blockiert wurden, noch erklärt, warum anonymen Nutzern der Zugang zu öffentlichen Informationsseiten verwehrt blieb. Anonymisierungsdienste sind insbesondere in Ländern, die durch Zensur, Internetfilter und Vorratsdatenspeicherung die Internetnutzung überwachen für die Gewährleistung der Presse- und Meinungsfreiheit unerlässlich. Dienste wie das TOR-Netzwerk ermöglichen insbesondere Bürgerrechtlern und Journalisten, sich unbeobachtet und anonym im Netz zu bewegen. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung bewertet das Verhalten der EU-Kommission als Diskriminierung und Aussperrung von Nutzern in der ganzen Welt, die auf derartige Dienste zugreifen. "Die Aussperrung von Anonymisierungsdiensten ist ein fatales Signal für die Freiheit im Netz.", sagt Katharina Nocun vom AK Vorrat. "Die Bürger müssen weiterhin die Möglichkeit haben, anonym auf Internetseiten von Behörden zuzugreifen und ohne anfallende Vorratsdaten zu kommunizieren." Auch Betreiber von TOR-Servern sehen diese Entwicklung äußerst kritisch. padeluun vom FoeBuD e.V., der einen TOR-Server betreibt, sagt: "Neben dem öffentlichen und ehrenamtlich betriebenen TOR-Netzwerk wurden auch kommerzielle Anbieter gezielt ausgesperrt. Über einige Dienste war der Zugriff auf ausgewählte Internetseiten überhaupt nicht möglich." Die EU-Kommission hat in der Vergangenheit mehrfach eine positive Rolle von Anonymisierungsdiensten für Demokratie- und Bürgerrechtsbewegungen in anderen Ländern eingeräumt. Dieses Messen mit zweierlei Maß ist ein fatales Signal für die digitale Bürgerrechtsbewegung in Europa und Deutschland, insbesondere auch vor dem Hintergrund der Debatte um die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung. |
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