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Kriminalstatistik zeigt: Vorratsdatenspeicherung muss vom Verhandlungstisch (21.05.2011) Drucken E-Mail

 Die gestern veröffentlichte Kriminalstatistik des Bundeskriminalamts zeigt: Nach dem Ende der anlasslosen Vorratsspeicherung aller Verbindungsdaten geht die Zahl der registrierten Straftaten zurück. Die Aufklärung von Straftaten ist erfolgreich wie nie zuvor. Bürgerrechtler warnen vor einem weiteren Anlauf zu einer verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung.

Nichts in der gestern vorgelegten Statistik[1] spricht für die Annahme, dass das Ende der verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung von Internetdaten zu mehr Internetkriminalität geführt hätte: Während die Zahl der registrierten Internetdelikte unter Geltung des verfassungswidrigen Gesetzes zur Vorratsspeicherung im Jahr 2009 noch um 24% angestiegen war, betrug der Anstieg im Jahr 2010 und damit im Wesentlichen nach dem Ende der Vorratsdatenspeicherung lediglich 8% (2008: 167.451, 2009: 206.909, 2010: 223.642 Internetdelikte).  

Die Statistik straft die ständige Leier maßloser Innenpolitiker und Polizeifunktionäre Lüge, das Internet sei nach dem Ende der Vorratsdatenspeicherung ein „rechtsfreier Raum“ oder Ermittlungen seien kaum noch möglich: Im Jahr 2010 wurden in Deutschland auch ohne Vorratsdaten 71% aller bekannten Internetdelikte aufgeklärt, wie uns das Bundeskriminalamt auf Nachfrage mitteilte. Damit waren im Internet begangene Straftaten auch ohne Vorratsdatenspeicherung deutlich häufiger aufzuklären als außerhalb des Internet begangene Straftaten (55%). Die Vorratsdatenspeicherung hat in Deutschland keine erkennbare Auswirkung auf die Entwicklung von Aufklärungsquote und Anzahl registrierter Straftaten gehabt - sie ist somit überflüssig.

„Das Internet ist auch ohne Vorratsdatenspeicherung weit sicherer und 'brauchbarer' als die Straße - dieser Einsicht wird sich der Bundesinnenminister nicht entziehen können“, erklärt Patrick Breyer vom Arbeitskreis. „Im Vergleich zum Vorjahr ist die Aufklärungsquote bei Internetdelikten zwar leicht zurück gegangen. Dies entspricht aber einem langfristigen Trend (2007: 82,9%, 2008: 79,8%, 2009: 75,7%, 2010: 72,3% - jeweils ohne Bayern) und ist nicht nachweisbar auf das Ende der Totalspeicherung von Internet-Protokolladressen zurückzuführen. Nicht alltägliche Kleinkriminalität wie eBay-Betrügereien macht das Internet unbrauchbar, sondern eine Rückverfolgbarkeit jedes Klicks durch IP-Vorratsdatenspeicherung würde das Netz unbrauchbar machen für viele politische Aktivitäten, für Whistleblower, für Presseinformanten und für Menschen in Not, die sich nur im Schutz der Anonymität überhaupt für Beratung und Hilfe erreichen lassen.“

In einem Eckpunktepapier vom Januar 2011 schlug das Bundesjustizministerium eine verdachtslose Vorratsspeicherung von Daten über jede Internetverbindung in Deutschland vor, „insbesondere zum Vorgehen gegen Kinderpornografie“.[2] Verbreitung, Besitz und Verschaffung kinderpornografischer Darstellungen ist nach dem Ende der Vorratsdatenspeicherung jedoch massiv rückläufig, wie die neue Kriminalstatistik zeigt (2008: 9.585 Fälle, 2009: 7.069 Fälle, 2010: 5.944 Fälle). Diese Delikte wurden nach dem Ende der Vorratsdatenspeicherung zu 79% und damit deutlich häufiger aufgeklärt als sonstige Straftaten (56%).

„Damit ist die Grundlage für den fatalen Vorschlag des Bundesjustizministeriums einer neuerlichen anlasslosen Erfassung sämtlicher Internetverbindungen in Deutschland entfallen“, erklärt Florian Altherr vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. „99,6% der Internetnutzer werden nie einer Straftat auch nur verdächtigt. Der Schutz der 50 Mio. Internetnutzer in Deutschland vor falschem Verdacht, Datenmissbrauch und Datenpannen durch Vorratsdatenspeicherung darf nicht 'aufgrund parlamentarischer Zwänge' verhandelbar werden. Die FDP muss hier zu ihrem Wort stehen und jede verdachtslose Datenspeicherung ablehnen.“

Insgesamt wurde im Jahr 2010 auch ohne verdachtslose Verbindungsdatenspeicherung die höchste Aufklärungsquote der letzten Jahre erzielt (56%). Während der Vorratsspeicherung aller Verbindungsdaten war die Aufklärungsquote geringer (2008: 54,8%, 2009: 55,6%, 2010: 56,0%). Auch die Zahl der in der Kriminalstatistik ausgewiesenen schweren Straftaten, zu deren Aufklärung Vorratsdaten einzig herausverlangt werden durften, ging nach dem Ende der Vorratsdatenspeicherung zurück (2009: 14.542, 2010: 13.769). Schwere Straftaten wurden praktisch ebenso erfolgreich aufgeklärt wie unter Geltung der verfassungswidrigen Regelung zur Vorratsdatenspeicherung (Aufklärungsquote 2009: 81,2%, 2010: 80,6%).[3]

„Die unverantwortliche Angstkampagne und Panikmache der Innenpolitik nach dem Ende der Vorratsdatenspeicherung steht in keinem Verhältnis zur Realität“, erklärt Michael Ebeling vom Arbeitskreis. „Wenn jemand wie der hessische Innenminister Boris Rhein nun lautstark verlangt, dass 'wir wissen müssten, wer mit wem kommuniziert, wer in welchen Netzwerken ist und wer welche Daten wo hinterlässt', dann macht mir das Angst. Ich empfinde es als unangemessen und rechtlich fragwürdig, wenn eine ständig wiederholte emotionale Schilderung von Einzelfällen zusammen mit einer massiven Medienkampagne der aus meiner Sicht populistischen Begründung für die Wiedereinführung einer Vorratsdatenspeicherung herhalten soll, die fast 70% der Bürgerinnen und Bürger ablehnen.[4]

Die FDP führt zurzeit Verhandlungen mit CDU und CSU über deren Forderung nach Wiedereinführung einer verdachtslosen Vorratsspeicherung aller Verbindungsdaten in Deutschland. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat eine ausführliche ablehnende Stellungnahme[5] zum entsprechenden Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums[6] erarbeitet. Danach droht das Ende anonymer und unbefangener Internetnutzung in Deutschland, sollte eine flächendeckende und verdachtslose Internet-Vorratsdatenspeicherung Realität werden. Im Internet haben schon über 50.000 Menschen einen Appell von Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung und Campact an Bundesinnenminister und Bundesjustizministerin unterzeichnet, demzufolge es das „Recht auf ein selbstbestimmtes und privates Leben“ aushöhlen würde, „wenn alle telekommunikationsbezogenen Standort- und Verbindungsdaten oder IP-Adressen protokolliert werden“.[7]

Folgende Broschüren zum Thema gibt der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung heraus:

  1. Vorratsdatenspeicherung gefährdet Menschenleben
  2. Ein Recht auf Anonymität

 

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