Bundesregierung informiert über Vertragsverletzungsverfahren (03.06.2012) |
+++ Vertragsverletzungsverfahren zur Vorratsdatenspeicherung ist eines unter vielen +++ Fünf andere Verurteilungen noch nicht umgesetzt +++ Fünf Vertragsverletzungsverfahren gegen Bundesinnenministerium anhängig +++ In anderen Fällen nimmt Deutschland viel höhere Strafzahlungen in Kauf +++ Bei Spielzeug Abweichungsgenehmigung beantragt, bei Vorratsdatenspeicherung nicht +++ Vorratsdatenspeicherung verursacht Kosten in "mehrstelliger Millionenhöhe" +++ Auf Anfrage der Fraktion DIE LINKE hat die Bundesregierung zu Fragen rund um das Vertragsverletzungsverfahren zur Vorratsdatenspeicherung Stellung genommen. Hier die Antwort im Volltext (pdf): Deutscher Bundestag Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie vom 7. Mai 2012 übermittelt. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan Korte, Andrej Hunko, Jens Petermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland Vorbemerkung der Fragesteller Die Auseinandersetzung um die Umsetzung der europäischen Richtlinie zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung in der Bundesrepublik Deutschland erreicht im Frühjahr 2012 einen neuen Höhepunkt. Nach der Verurteilung der ersten Umsetzung der Richtlinie durch das Bundesverfassungsgericht, ist die weitere Umsetzung nicht nur verfassungsrechtlich umstritten, da auf EU-Ebene bereits an der Ablösung wegen erwiesener Unbrauchbarkeit gearbeitet wird. Wegen der Blockade in der Bundesregierung, hat die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesregierung bzw. die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet. Am 22. März 2012 setzte die Kommission der Bundesregierung eine einmonatige Frist zur Umsetzung der Richtlinie. Sie läuft am 26. April 2012 ab. Dieses Verfahren wiederum bietet den Verfechtern einer umfassenden, anlasslosen Vorratsdatenspeicherung von mindestens sechs Monaten den willkommenen, wenn nicht sogar bestellten Anlass, ihrerseits den Druck auf die kritische Öffentlichkeit, vor allem aber auch auf das Bundesministerium der Justiz zu erhöhen, um endlich eine entsprechende gesetzliche Regelung durchzusetzen. Nachdem die Behauptung, durch die bisher nicht legalisierte Vorratsdatenspeicherung seien unverantwortbare Sicherheitslücken entstanden, weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene überzeugend belegt werden konnte, soll nun die Drohung mit „erheblichen Strafgeldern“ (u. a. internet-law am 2. Januar 2012) oder Strafgeldern in „zweistelliger Millionenhöhe“ (Süddeutsche Zeitung vom 18. April 2012) als Folge der Vertragsverletzung das gewünschte Gesetzesverfahren endlich zu Ende bringen. Vertragsverletzungsverfahren sind allerdings in der Europäischen Union (EU) keineswegs selten, betreffen alle möglichen politischen Bereiche und werden mit unterschiedlichen Begründungen eingeleitet. Von den über 2 000 in der ganzen EU geführten Verfahren richten sich bisher immerhin 81 (internet-law am 2. Januar 2012) oder 74 (afp am 17. April 2012) gegen die Bundesrepublik Deutschland, ohne dass auch nur ansatzweise politischer Druck in Richtung sofortiger Vollzug, wie im Falle der Vorratsdatenspeicherung, ausgeübt worden wäre oder wird. Ein Zwangsgeld wurde gegen die Bundesrepublik Deutschland bisher nicht verhängt (ebd.). Während in Deutschland jedes Gericht vor einer Verurteilung prüfen muss, ob die Grundlagen seiner Entscheidung grundrechtskonform sind, und die Frage gegebenenfalls dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt werden muss, ist dies bislang bei Vertragsverletzungsverfahren in der EU nicht der Fall. 1. Wie viele Verfahren sind derzeit EU-weit tatsächlich anhängig?EU-weit anhängig sind nach Auskunft der Europäischen Kommission 1 590 Vertragsverletzungsverfahren (Stichtag 26. April 2012). 2. Wie viele solcher Verfahren sind derzeit gegen die Bundesrepublik Deutschland oder einzelne Bundesländer anhängig, und welchen Verfahrensstand haben sie jeweils?Gegen Deutschland sind aktuell (Stichtag: 3. Mai 2012) 68 Vertragsverletzungsverfahren anhängig. Vertragsverletzungsverfahren richten sich immer gegen die Bundesrepublik Deutschland, auch wenn sich der Vorwurf der Kommission auf Umstände bezieht, die in die Zuständigkeit der Länder fallen. Der Verfahrensstand ist in den genannten Verfahren wie folgt: Mahnschreiben gemäß Artikel 258 AEUV 3. Wann wurden diese Verfahren mit welcher Begründung (Nichtumsetzung, ungenügende Umsetzung, falsche Rechtsgrundlage und andere) eingeleitet (bitte einzeln auflisten)?Die Kommission beschließt üblicherweise monatlich über Einleitung und Einstellung von Vertragsverletzungsverfahren. Daneben beschließt sie zusätzlich in einem Abstand von zwei Monaten über die Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren wegen Nichtmitteilung/Nichtumsetzung von Richtlinien. Bisher wurden z. B. im Jahr 2012 folgende Beschlüsse zur Einleitung bzw. Einstellung von Verfahren gefasst: Datum 26.01.2012 30.01.2012 27.02.2012 22.03.2012 22.03.2012 Die zurzeit gegen Deutschland anhängigen Vertragsverletzungsverfahren gliedern sich gemäß dem zugrunde liegenden Vorwurf zahlenmäßig wie folgt auf:
4. Welche Politikbereiche, politische Projekte und Bundesministerien sind in der Bundesrepublik Deutschland von einem Verletzungsverfahren wegen welcher Thematik jeweils betroffen (bitte einzeln auflisten)?Die Verfahren teilen sich wie folgt auf die einzelnen Ressorts/Politikbereiche auf:
Anm. d. Verf.: Der Bundesinnenminister, der lautstark mit dem Argument der "Rechtstreue" auf eine Umsetzung der grundrechtswidrigen EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung drängt, hat in seinem eigenen Geschäftsbereich sogar fünf Vertragsverletzungsverfahren vorliegen. 5. Wie viele Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland wurden mit welchem Ergebnis bisher abgeschlossen?Alle Verfahren bis auf die zurzeit laufenden Vertragsverletzungsverfahren (vgl. Antwort zu Frage 2) sind abgeschlossen. Die Bundesregierung führt darüber keine Statistik. Im Ergebnis kommt es in den weitaus meisten Verfahren schon im vorprozessualen Stadium zu einer Einstellung durch die Kommission. In den Fällen, in denen es zu einem Klageverfahren kam, wurde die deutsche Rechtslage bzw. die Verwaltungspraxis, soweit erforderlich, den Vorgaben des EuGH-Urteils angepasst. Finanzielle Sanktionen wegen Nichtumsetzung eines EuGH-Urteils wurden bisher gegen Deutschland noch nicht verhängt. 6. In welchen Fällen hat die Bundesregierung von der in Artikel 114 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) festgeschriebenen Möglichkeit Gebrauch gemacht und bei der Kommission Ausnahmeregelungen bei der Umsetzung der jeweiligen Richtlinien beantragt?Nach Artikel 114 Absatz 4 AEUV kann ein Mitgliedstaat der Kommission einzelstaatliche Bestimmungen mitteilen, deren Beibehaltung er für erforderlich hält und die durch wichtige Erfordernisse im Sinne des Artikels 36 AEUV (Gründe der öffentliche Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit, Schutz des Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, des nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder des gewerblichen und kommerziellen Eigentums) oder in Bezug auf den Schutz der Arbeitsumwelt oder den Umweltschutz gerechtfertigt sind. Anträge nach Artikel 114 AEUV auf Ausnahmeregelungen werden in der Bundesregierung nicht zentral erfasst. Die Bundesregierung kann daher zwar die gewünschte Übersicht nicht geben, weist aber auf einen aktuellen deutschen Antrag auf Beibehaltung des nationalen Schutzniveaus im Zusammenhang mit der Umsetzung der Spielzeug-Richtlinie 2009/48/EG hin. Anm. d. Verf.: Seit Jahren fordern Gruppen der Zivilgesellschaft die Bundesregierung auf, aus Gründen des Grundrechtsschutzes als Teil unserer öffentlichen Ordnung die Beibehaltung der bisherigen Vorschriften zur anlassbezogenen Verbindungsdatenspeicherung zu beantragen und erforderlichenfalls einzuklagen (nähere Informationen). Die Bundesregierung weigert sich, weil ein solcher Antrag nicht möglich sei. Im Fall von Spielzeug stellt sie ihn aber (siehe oben). 7. Wie viele Zwangsgelder wurden wann in welcher Höhe gegen welche EU-Mitgliedstaaten verhängt, und welche davon wurden bis heute gezahlt?Die Bundesregierung hat keinen vollständigen Überblick über die Maßnahmen, die die Organe der EU gegenüber anderen Mitgliedstaaten ergreifen. Bekannt sind hier aber die nachfolgend aufgelisteten Verurteilungen von Mitgliedstaaten zur Zahlung von Zwangsgeldern bzw. Pauschalbeträgen durch den EuGH.
Ob und in welchem Umfang die verhängten Zwangsgelder bzw. Pauschalbeträge bis heute gezahlt wurden, ist der Bundesregierung nicht bekannt. Anmerkung d. Verf.: Im Fall der Vorratsdatenspeicherung beantragt die EU-Kommission ein Zwangsgeld von 315.000 Euro pro Tag, an dem Deutschland einer etwaigen Verurteilung nicht nachkommt. Jedoch werden alleine in zwei Verfahren
wegen Nichtumsetzung von Eisenbahn-Richtlinien tägliche Zwangsgelder
von zusammen 363.000 Euro verlangt, was die Bundesregierung ohne
Aufschrei in Kauf nimmt. Wegen des europarechtswidrigen VW-Gesetzes nimmt Deutschland sogar eine sofortige "Pauschalstrafe" von 50 Mio.
Euro in Kauf, die selbst dann anfällt, wenn Deutschland einer
Verurteilung unverzüglich nachkommt. Im Fall der Vorratsdatenspeicherung
steht eine solche Pauschalzahlung nicht im Raum. 8. Wer legt nach welchen Kriterien die Höhe des Zwangsgeldes fest?Gem. Artikel 260 AEUV verhängt der EuGH finanzielle Sanktionen gegen den betreffenden Mitgliedstaat auf Vorschlag der Kommission. Die Kommission hat mehrere Mitteilungen veröffentlicht, an denen sie sich bei ihren Vorschlägen für Pauschalbeträge und Zwangsgelder orientiert (vgl. SEK(2005) 1658, SEK(2011) 1023, SEK(2010) 1371)*. * Mitteilung der Kommission, Anwendung von Artikel 228 EG-Vertrag, SEK(2005) 1658, zuletzt aktualisiert durch Mitteilung der Kommission, Aktualisierung der Daten zur Berechnung der Pauschalbeträge und Zwangsgelder, die die Kommission dem Gerichtshof bei Vertragsverletzungsverfahren vorschlägt, SEK(2011)1024. Mitteilung der Kommission, Anwendung von Art 260 Absatz 3 AEUV, SEK(2010) 1371. Zur Anwendung des Artikels 260 Absatz 3 liegen bisher noch keine EuGH-Entscheidungen vor. In den Fällen des Artikels 260 Absatz 2 AEUV ist der EuGH dabei an den Vorschlag der Kommission nicht gebunden, in den Fällen des Artikels 260 Absatz 3 AEUV darf er nicht über die Höhe des von der Kommission genannten Betrags hinausgehen. 9. Welche Möglichkeiten gibt es für Mitgliedstaaten, gegen Zwangsgelder vorzugehen, hat die Bundesregierung davon Gebrauch gemacht, wenn ja, in welchen Fällen, und welche Sanktionsmöglichkeiten hat die EU, gegen Zahlungsverweigerer vorzugehen?Vor der Verhängung eines Zwangsgeldes bzw. Pauschalbetrags nimmt die Bundesregierung ihre Interessen im vorprozessualen bzw. gerichtlichen (Zwangsgeld-)Verfahren wahr. Gegen eine Entscheidung des EuGH, mit der ein Mitgliedstaat zur Zahlung eines Zwangsgeldes bzw. Pauschalbetrags verurteilt wird, sieht der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) kein Rechtsmittel vor. Fälle der Weigerung von Mitgliedstaaten, einer Verurteilung zur Zahlung eines Zwangsgeldes oder Pauschalbetrags nachzukommen, sind der Bundesregierung bislang nicht bekannt geworden. Die Frage der Sanktionierung eines solchen Verhaltens hat sich daher, soweit ersichtlich, bislang noch nicht gestellt und ist rechtlich nicht abschließend geklärt. 10. Erwartet die Bundesregierung, dass eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) über die Frage der Gültigkeit der Richtlinie 2006/24/EG noch vor der Vertragsverletzungsklage gegen Deutschland getroffen wird?Der EuGH hat über eine Nichtigkeitsklage im Hinblick auf die Wahl der Rechtsgrundlage für die Richtlinie 2006/24/EG in der Rechtssache C-301/06 mit Urteil vom 10. Februar 2009 entschieden. Ob weitere Entscheidungen des EuGH über die Richtlinie 2006/24/EG vor einer eventuellen Vertragsverletzungsklage der Kommission gegen Deutschland anstehen, kann die Bundesregierung derzeit nicht absehen. Anm. d. Verf.: Es steht eine Entscheidung über eine Vorlage des irischen High Court an, der die Vereinbarkeit der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung mit den Grundrechten bezweifelt. Die Vorlagefragen finden sich hier. Die Vorlage soll in Kürze beim EuGH eingehen. Infolgedessen dürfte der Gerichtshof vor oder kurz nach der Vertragsverletzungsklage über die Gültigkeit der Richtlinie zur verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung entscheiden. Dieses Urteil muss abgewartet werden, denn es ist abzusehen, dass nach den Verfassungsgerichten Rumäniens, Deutschlands und der Tschechischen Republik auch der Europäische Gerichtshof zu einer Nichtigerklärung kommt. Vor der Entscheidung darf insbesondere keine IP-Vorratsdatenspeicherung beschlossen werden, wie sie das Bundesjustizministerium in Abweichung von seinem "Quick-Freeze-Ansatz" fordert. 11. Wenn die Richtlinie 2006/24/EG erst nach einer Verurteilung Deutschlands für nichtig erklärt wird, wird dann die gezahlte Vertragsstrafe zurückerstattet? Wenn nein, warum nicht?Diese Fallgestaltung ist im AEUV nicht explizit geregelt. Mit einer entsprechenden Frage war der EuGH bislang auch noch nicht befasst. Anm. d. Verf.: Unter Juristen ist unstreitig, dass eine EU-Richtlinie, die gegen die höherrangigen EU-Grundrechte verstößt, ungültig ist. Der Europäische Gerichtshof stellt diese Ungültigkeit bloß fest, sie war aber schon zuvor gegeben. Deswegen sagt man, die Feststellung der Ungültigkeit durch den EuGH wirkt "ex tunc" (rückwirkend, so z.B. Streinz, Europarecht, Rn. 657). Mit der Feststellung der Ungültigkeit steht fest, dass eine Umsetzungspflicht nie bestanden hat, folglich auch keine Zwangsgelder wegen Nichtumsetzung gezahlt werden mussten. Dies spricht dafür, dass etwa gezahlte Zwangsgelder zurückzuerstatten sind, wenn nachträglich die Ungültigkeit der Richtlinie festgestellt wird. Die Bundesregierung schreibt zutreffend, dass der EuGH darüber noch nicht entschieden hat. 12. Auf welchen Betrag schätzt die Bundesregierung die jährlichen Kosten einer Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG für Wirtschaft und Verbraucher?Hierzu liegen der Bundesregierung keine belastbaren Erkenntnisse vor, die Grundlage einer Schätzung sein könnten. Die vorherige Bundesregierung hat zu den kostenrelevanten Auswirkungen in ihrem Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG festgestellt, dass eine belastbare nähere Quantifizierung des insgesamt für die Telekommunikationswirtschaft entstehenden zusätzlichen Aufwandes – auch im Wege einer Schätzung – nicht möglich ist (Bundestagsdrucksache 16/5846, S. 34). In einem Schreiben an die Europäische Kommission haben aber jüngst mehrere deutsche Wirtschaftsverbände vorgetragen, dass die Umsetzung der Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung in der Vergangenheit bereits zu Ausgaben in mehrstelliger Millionenhöhe geführt habe. Ob und in wie weit die Unternehmen eventuelle laufende Kosten auf ihre Kunden umlegen, ist der Bundesregierung nicht bekannt. Anm. d. Verf.: Genauere Zahlen benennt der eco-Verband von Internetanbietern. Rund 330 Millionen Euro hätten die Provider damals für die Umsetzung des verfassungswidrigen Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung ausgeben müssen. Der volkswirtschaftliche Schaden, den eine Umsetzung der Richtlinie zum jetzigen Zeitpunkt auslösen würde, sei um ein Vielfaches höher als die theoretisch möglichen Strafzahlungen. 13. Müssen die EU-Verträge nach Ansicht der Bundesregierung so geändert werden, dass künftig auch der EuGH vor Verurteilungen wegen Vertragsverletzung prüfen muss, ob die verletzte EU-Sekundärrechtsnorm grundrechtskonform und gültig ist?Der AEUV sieht in Artikel 263 AEUV schon heute die Möglichkeit vor, den EuGH innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Veröffentlichung im Amtsblatt mit der Frage der Grundrechtskonformität eines Sekundärrechtsakts zu befassen. Ferner kann der EuGH die Gültigkeit eines Sekundärrechtsakts prüfen, falls er damit durch eine Vorlage eines Gerichts eines Mitgliedstaates befasst wird. Nach der Rechtsprechung des EuGH können im Rahmen einer Vertragsverletzungsklage zudem unter Umständen konkrete Anhaltspunkte dafür geltend gemacht werden, dass ein Rechtsakt mit besonders schweren und offensichtlichen Fehlern behaftet ist, etwa Zuständigkeitsverletzungen oder schweren Anm. d. Verf.: In Vertragsverletzungsverfahren prüft der Europäische Gerichtshof bislang nicht, ob die verletzte Norm überhaupt gültig ist, insbesondere ob sie gegen die Grundrechte verstößt. In Deutschland dagegen hat jedes Amtsgericht zu prüfen, ob eine Norm grundrechtswidrig ist, und die Frage vorab entscheiden zu lassen, bevor Strafen verhängt werden. Die Rechtsprechung des EuGH verletzt die Grundrechte und muss korrigiert werden, erforderlichenfalls durch eine Vertragsänderung. Die Bundesregierung beantwortet die Frage nach ihrer Meinung nicht. 14. Liegt nach Ansicht der Bundesregierung eine Vertragsverletzung vor, wenn eine der EU-Grundrechtecharta widersprechende Norm des Sekundärrechts umgesetzt und angewandt wird?Die Frage hat sich in dieser Form in der Vergangenheit noch nicht gestellt, da die Grundrechte-Charta der Union erst mit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon verbindlichen Charakter erlangt hat. Rechtsprechung des EuGH liegt dazu noch nicht vor. Anm. d. Verf.: Die Befürworter einer verdachtslosen Vorratsspeicherung aller Verbindungsdaten argumentieren, Deutschland verletze Europarecht, in dem es die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung nicht umsetze. Wir argumentieren, Deutschland würde die höherrangigen, europarechtlich geschützten Menschenrechte auf Schutz der Privatsphäre verletzen, wenn es die Richtlinie umsetzen würde. Die Bundesregierung beantwortet die Frage nach ihrer Meinung nicht. Beitrag von Patrick - Der Beitrag gibt die persönliche Meinung des Autors wieder. |
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Kommentare
Dann gehe ich auf die Straßen, und was sehe ich dort? Aber jemand aus der Polizei, aus der Regierung hat das erlaubt. Und die Richtlinie für VDSp. macht objektive Nachweise erreichbar. Erreichbar für breiteren Kreis von Ermittler - für Europol, CIA usw. Deutsche Justiz fürchtet sich vor potentieller Kontrolle ihrer Tätigkeit. In der Reihe - auch die Nutzung von Pseudonymen der Justizangehörig en.
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